Freitag, 21. Juni 2013

…bitte sag mir nicht, wer ich wirklich bin…





Wenn ich daran denke, dass mein Blog sogar von Menschen in Südamerika, Alaska und Russland gelesen wird, bekomme ich eine Gänsehaut…unglaublich! Ich kann mich an solchen Dingen begeistern, denn für mich ist nichts im Leben selbstverständlich.


Auch wenn es so viele Leute verwundert, Reisen ist nicht gerade meine Leidenschaft. Das hängt vielleicht damit zusammen, dass meine Eltern Kriegskinder waren und das Reisen in fremde Länder damals kein Thema war - es sei denn, man musste vor dem Feind flüchten… aber das ist ein anders Thema. Nun – so habe ich es als Kind und junge Frau das Reisen niemals kennen gelernt, war höchstens mal in einer Jugendherberge – 10 km entfernt zu Hause. :-)


Klar könnte ich jetzt die Welt erkunden. Die meisten, die ich kenne, sind ein/zweimal im Jahr auf Reisen und heute gibt es nur noch wenige Gebiete, die noch kein Mensch betreten hat. Doch meine eigene innere Welt hat mich immer viel mehr interessiert. Introvertiert nennt man das wohl. Mein Desinteresse am Reisen hat nichts damit zu tun, dass es scheinbar zu Hause am Schönsten ist. Denn manchmal ist es eben auch dort nicht schön, wie wir oft mehrmals in der Woche in den Nachrichten sehen können…. Ein Zuhause finde ich persönlich nicht an einem bestimmten Ort – sondern in mir selbst. Ich empfinde die Reise in das eigene Innere als eines der interessantesten Dinge im Leben. Und im Gegensatz dazu, dass man nach einem Trip in noch so ferne Länder doch irgendwann wieder in seinem Heimatort landet, bleibe ich dabei die ganze Zeit auf meiner Reise, dem Weg zu mir. Diese Reise mag vielleicht erst mit meinem Tod enden, vielleicht aber auch nicht, denn es kann genauso gut sein, dass selbst dort kein Ende zu finden ist.


Sich auf eine Reise zu begeben bedeutet, sich auf die Suche zu machen. Man sucht nach Ruhe, Entspannung, Spaß, Abenteuer, Aufregung, den Adrenalin-Kick, oder man will „einfach nur mal raus aus dem Alltagstrott“, und etwas ganz anderes erleben. Das ERLEBEN ist so unglaublich wichtig geworden, am liebsten möchte man den ganzen Tag etwas Tolles erleben…, doch was bedeutet es eigentlich: das ERLEBEN? Wenn wir uns das einmal näher ansehen, das ERLEBEN, dann entdecken wir, dass es etwas ist, was uns jeden Tag widerfährt, nur nehmen wir das einfach nicht mehr wahr. Das liegt schlicht daran, dass uns oftmals unser Alltag nicht gefällt und wir ihn als anstrengend, stressig, fremdbestimmt, öde, einsam, unwirklich oder lieblos empfinden. Eigentlich möchte wir ganz anders leben, wir möchten frei sein, unabhängig und all die schönen Dinge genießen, die uns die Welt zur Verfügung stellt und die wir auch teilweise selber hart erarbeitet haben. Darum ist der Urlaub und das Reisen für uns auch so wichtig geworden. Wenn wir den Alltag und das Gewohnte verlassen, können wir endlich das tun, was uns Freude bereitet und sich angenehm anfühlt. Das kann man eben am besten realisieren, wenn man das ganze Ungeliebte hinter sich lässt und einfach abhaut. Auf und davon - reisen – aussteigen – alles hinter sich lassen – ab in den Flieger – weg von hier, einfach nur weg von seinem eigentlichen Leben.


Ich habe seit über 10 Jahren einen Job, den ich nicht mag, den ich nie mochte, aber an den ich durch übergeordnete Entscheidung versetzt wurde. Egal, was ich versucht habe, davon los zu kommen, es scheiterte. Keine Chance, no way. Und selbst, als ich eine Chance bekam, entwickelte sich so weit weg von dieser Chance an übergeordneter Stelle wieder etwas anderes. Und zwar in der Art, dass sich diese Chance dann einfach in Luft auflöste. Jedesmal, wenn ich eine Chance erblickte, wenn ich irgend etwas tun konnte, tat ich es. Vieles änderte sich auch um mich herum, in meinem Umfeld, nur ein jobmäßige Veränderung brachte es nicht. Wisst Ihr, wie meine lieben Frau Mutter, diese kluge Frau, dazu gesagt hätte: Es hat nicht sollen sein!


Warum ich das erzähle? Weil es so wichtig ist, zu erkennen, dass es nicht darauf ankommt, WO man ist und WAS man macht. Denn auch, wenn man etwas ablehnt oder versucht, es loszuwerden oder versucht davor wegzulaufen, kommt es genauso schnell hinter einem her..., man kann es ausprobieren, immer wieder; aber es ist genauso, als versuchte man, seinen eigenen Schatten abzuhängen…


Diese Reise zu sich selbst nicht zu vergleichen mit der, in ein Auto oder in ein Flugzeug zu steigen und sich auf die angenehmen Dingen zu freuen, die einen erwarten mögen. Denn meist ist die Reise zu sich selbst nicht so angenehm, weil man sich ja mit seinen „Schatten“ beschäftigen muss, um hinter seine eignen Kulissen zu blicken. Und genau diese Schatten sind es, die man hinter sich lassen muss, um die Freiheit zu erlangen; diese innere Freiheit, die überhaupt keine Grenzen kennt, wofür man nirgendwo hin reisen muss… nur bei sich selber ankommen.


Ist das doof? Langweilig? Da passiert ja nix? Muss man das alleine machen? Nein, nein, nein, ja und nein.


Es gibt nur sehr wenige Menschen, die sich davon inspiriert fühlen, diese ungewöhnliche Reise anzutreten. Ich kenne jemanden, der auf dem besten Weg war. Er war schon sehr weit entwickelt, hoch intellektuell aber auch sehr intuitiv – diese ausgezeichnete Mischung. Aber gerade, als er den ersten Befreiungsschlag getan hatte, fiel er in seine alten Muster zurück, begab sich wieder in den Materialismus, suchte seine Ablenkungen und zog sich zurück von dem Menschen, der ihn an seinen Weg erinnerte. Und das alles nur, um ja nicht auf sich selber zu treffen zu müssen…


Niemand möchte an seine Schatten erinnert werden, denn die Wahrheit möchte niemand hören. Mit seinen eigenen Schatten möchte sich niemand beschäftigen, ja, noch nicht einmal ansehen möchte man sie. Doch sie sind ein Teil von uns, und nicht selten identifizieren wir uns mit ihnen. Sie verschwinden nicht einfach, im Alter werden meist nur ein bißchen die Kanten unserer Hartnäckigkeit abgeschliffen. Wir behalten unsere Schatten und nehmen mit überall mit hin. Und viele verteidigen sogar ihre Unzulänglichkeiten, indem sie sagen: „Ich bin, wie ich bin und das ist auch gut so“. Doch meist entsteht dieser Spruch aus einem Minderwertigkeitsgefühl…


Wer daran interessiert ist, zu erkunden, wer er wirklich ist, darf sich auf etwas Besonderes freuen: auf seine Freiheit, seine Unabhängigkeit, auf die Freude am Dasein und „das Verstehen“. Eine in meinen Augen lohnende Reise, auf die man sich jederzeit begeben kann. Und aus der man nicht zurückkehren muss…


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Bild von: Till Krech: "run(a)way"

4 Kommentare:

  1. Das ist immer der große Irrglaube.....Urlaub von sich selbst,....gibt es nicht. Deshalb trinken viele Leute oder nehmen Drogen, weil sie mit sich selbst nicht klar kommen, nicht im Reinen sind...sich oft nicht mal ertragen können.
    Das Merkwürdige ist, dass ich zu DDR-Zeiten physisch mehr gereist bin als jetzt wo "alles" möglich ist. Nun trete ich eher die Reisen "nach Innen" an. Das mag sicher auch alters- und krankheitsbedingt sein. Zugegeben. Na ja,...am Geld liegts auch. Es hatte aber auch damit zu tun, dass ich mich zu Hause zunehmend nicht mehr wohl fühlte.
    Es war so schwierig allem zum Trotze mir ein annehmbares zu Hause zu schaffen....wo ikch mich wohl fühle....

    Langweilig war es mir nie in meinem Leben......(Dafür haben auch andere gesorgt).

    Ja,...und was tun die Menschen nicht alles, um sich nicht selbst begegnen zu müssen....
    Liebe Grüße
    Grey Owl/Rosi

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  2. Liebe Rosi,
    Danke, Du schreibst so wahre Worte. Sich wohlfühlen ist eines der wichtigsten Dinge im Leben. Ich finde, das kann man wahrhaft an Besten mit sich selbst.

    Herzlichst
    Annie

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  3. Wirklich sehr schön geschrieben und sooo wahr!

    Lg
    Maja

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    1. Danke, liebe Maja.

      Liebe Grüße an Dich!

      Herzlichst
      Annie

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