Freitag, 25. Juni 2021

Wei Wu Wei

                                   





Das Konzept des freien Willens 




"Der Mechanismus des Lebens beruht scheinbar auf der Vorstellung, dass das, was Lebewesen tun, auf einen Willensakt des jeweiligen phänomenalen Objekts zurückzuführen ist.

Es ist jedoch offenkundig, dass Lebewesen eher reagieren als agieren und dass ihr Leben von Instinkten, Gewohnheiten, Mode und Werbung bestimmt wird. Ihre Art zu leben besteht in erster Linie aus einer Reihe von Reflexen, die nur einen begrenzten Spielraum für bewusstes und überlegtes Handeln - das heißt zweckvolles Handeln - lassen, das oberflächlich betrachtet so aussieht, als sei es das Resultat eines freien Willens. 

Doch "Wille" ist lediglich ein gedankliches Konzept, denn so sehr wir auch suchen, wir können keine Wesenheit identifizieren, die ihn ausüben könnte. Alles, was wir finden können, ist ein Impuls, in dem die Vorstellung eines "Ich" in Erscheinung tritt. Man kann kaum annehmen, dass ein derartiger Impuls in der Lage ist, die unerbittliche Kausalkette oder - anders gesehen - den Vorgang der Manifestation scheinbarer Ereignisse zu beeinflussen, es sei denn, dieser Willensimpuls wäre selbst ein Bestandteil eines dieser Vorgänge."


 Aus: "Die Essenz der Leere" von WEI WU WEI 




Die Bücher von WEI WU WEI habe ich schon vor vielen Jahren das erste Mal  gelesen. Und ich gestehe, ich habe sie dereinst nicht verstanden. Intellektuell konnte ich das, was WEI WU WEI schrieb, schon nachvollziehen, aber das war dann auch alles. Die Sichtweise, dass wir keinen eigenen Willen oder keine Kontrolle über unser eigenes Leben haben, konnte ich einfach nicht nachvollziehen.

Heute erschließt sich mir das Ganze ein wenig mehr, aber ich würde es niemals wagen zu behaupten, ich würde an der Sicht des Meisters WEI WU WEI heranreichen. 

Dennoch möchte ich meine Sicht der Dinge hier einmal darstellen mit dem Gedanken, eventuell den einen oder anderen Interessierten etwas weiter an das Gedankengut dieses großen Meisters WEI WU WEI heranzuführen. 


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Wie oben zitiert, scheinen wir nicht die Kontrolle über unsere Handlungen zu besitzen, sondern wir werden über unser Gehirn gesteuert, ohne dass wir bewusst eine Entscheidung für unser Tun getroffen haben.

Ich möchte hier noch einen Schritt weiter gehen und die Behauptung aufstellen, dass auch die Entscheidungen, die unser Gehirn getroffen hat, auch nicht wirklich von uns stammen...

So wie ich es verstehe, ist es nicht nur unser Handeln, welches nicht willentlich durch uns vonstatten geht, sondern unser ganzes Leben läuft ohne unser persönliches Zutun ab.

Anders ausgedrückt: " Wir sind nicht die Bestimmer dessen, was geschieht. Wir sind diejenigen, DURCH DIE das Leben geschieht".



Dies zu akzeptieren erscheint zunächst völlig unmöglich. Wir, die wir doch immer sehr bedacht darauf sind, das Richtige zu tun und die besten Entscheidungen zu treffen, damit wir so das beste Ergebnis erzielen können, sollen keine Kontrolle über unseres eigenes Leben besitzen? Unvorstellbar!


Aber was würde es denn nun wirklich für uns bedeuten, wenn wir gar nicht der Handelnde, der Entscheider sind? Wie würden wir uns denn damit fühlen? Wahrscheinlich nicht sehr gut. Wir würden uns mit Sicherheit völlig hilflos fühlen. Und das Gefühl der Hilflosigkeit mögen wir überhaupt nicht. Und zu allem Übel käme noch hinzu, dass wir dann ja offensichtlich ein Spielball der anderen Menschen wären. Doch interessanterweise ist genau dies nicht der Fall. Denn dieses Phänomen, dass wir nicht die Kontrolle über unser Leben, unsere Handlungen haben, das gilt ja für ALLE Menschen und nicht nur uns oder für einige wenige!


Nach WEI WU WEI gibt es überhaupt keine einziges Wesen, welches handelt! Und hier stehen wir wieder einer Aussage fassungslos gegenüber. Denn wenn das wirklich stimmen sollte, müsste ja eigentlich ein heilloses Chaos in der Welt herrschen. Überraschenderweise finden wir aber genau das Gegenteile vor. Alles auf der Erde läuft in geordneten, sogar wissenschaftlich nachvollziehbaren Naturgesetzen ab. Auch wenn der Mensch oftmals meint, ER wäre der Urheber vieler nützlicher Mechanismen, kopiert er doch immer nur, was die Naturgesetze uns vorgeben. 


Das müssen wir jetzt erst einmal sacken lassen. 


Um überhaupt auch nur im Entferntesten die Betrachtungsweise WEI WU WEI's nachvollziehen zu können, müssen wir etwas tiefer in die Denkweise des Großen Meisters einsteigen. Wir lassen einmal unsere ganzen Vorstellungen von Gott, der Welt und den Menschen beiseite und folgen dem Meister in seinen Beschreibungen. 

Denn nach WEI WU WEi handeln WIR nachweislich deshalb nicht, weil wir nicht DAS SIND, wofür wir uns halten. Nämlich Menschen mit eigenem Willen!

 Er geht aber noch weiter und behauptet, es gäbe NIEMANDEN mit einem eigenen Willen, sondern nur das TUN oder HANDELN als solches. Damit sagt er klar: "Es gibt keinen Handelnden, sonder nur das HANDELN selbst." 


Nun wird es aber wirklich kompliziert. 


Wenn es denn tatsächlich niemanden gibt, der handelt, wie kann all das auf der Welt geschehen, sich ereignen, was wir jeden Tag erleben oder was wir sehen? 

WEI WU WEI sagt, es ereignet sich einfach! Ereignisse geschehen, Handlungen werden durchgeführt, Taten werden getan. Aber eben nicht von uns, sondern DURCH uns! Wenn du magst, nenne es GOTT, der durch uns handelt, oder das reine Bewusstsein, dass  ALL EINE, die eine allumfassende Seele, etc... Doch es ist ist in der Tat immer nur das EINE SELBST, das uns bewegt. 

DAS ALLUMFASSENDE, EWIGE, UNSTERBLICHE EINE SEIN, welches wir alle SIND!


Kennt ihr den Film: Avatar?


Nun, wir haben zwar mit Sicherheit alle keinen Doppelgänger mit einem Stecker hinten am Kopf, aber das Prinzip des Avatars ist für meinen Geschmack die beste Beschreibung, auch, wenn es die "Realität" nicht wirklich zu  100 Prozent korrekt beschreibt. (Denn ihr wisst ja: alles ist nur ein "Fingerzeig"!) Der Avatar wird von einer Kraft außerhalb von ihm bewegt, aber er fühlt alles, sieht alles, und er empfindet sämtliche Emotionen. Unser Körper wird von WEI WU WEI als Psyche-Soma Apparat bezeichnet, man kann ihn auch Körper-Geist-Organismus nennen. Man denke auch in diesem Zusammenhang an die vielen Berichte von Menschen mit außerkörperlichen Erfahrungen, Nahtod-Erlebnissen, etc, etc... Auch das entspricht der Behauptung, dass wir nicht unser KÖRPER sind, ganz im Gegenteil.


Wie kann man sich nun dieser Tatsache nähern, dass wir GELEBT werden? Das es dabei nicht einfach werden wird, ist uns allen klar. Es gibt schon eine Vielfalt von bekannten Methoden, um sich dieser "Erfahrung" zu nähern. Doch der einzige richtige Weg, um in diesen "Zustand" zu gelangen, ist und bleibt das LOSLASSEN, nicht das TUN.

 Die Identifikation mit sich selbst ist das Problem und die Lösung gleichzeitig, Das Problem, weil wir den Körper als unser eigen betrachten, und die Lösung, weil er uns die Möglichkeit gibt, unser Wahres Selbst zu erfahren. Zumindest bis zu einem bestimmten "Punkt"... Unsere Identifikation muss immer weiter abgebaut, minimiert werden. Dies kann man bekannterweise "üben" durch Meditation, Yoga, Singen, Tanzen, Kontemplation oder was euch sonst noch so einfällt. Was am besten für den Einzelnen funktioniert, liegt an jedem Selbst. Tu das, was dir am meisten liegt, wobei du dich am besten entspannen, loslassen, dich selbst vergessen kannst. Das ist der einzige Weg: Selbstvergessenheit. Du musst dich selbst vergessen, um zu erfahren, dass DU nicht das bist, wofür du DICH hältst. Verliere Dich, um Dich zu finden.



Ich weiss, an irgendeiner "Ecke" beim Lesen von spirituellen Aussagen, oder bei seinen "Übungen" bleibt man immer "hängen" und zweifelt. Entweder an seinem eigenen Verstand oder an dem des Schreibers, denn wir können uns einfach nicht vorstellen, wie so etwas möglich sein soll. 

Das Wichtigst ist, dass man immer offen bleibt, auch für die Dinge, die man (noch) nicht versteht. Bleibe immer dran an den Themen, lese die zu dir passenden Bücher und vertiefe dich in Kontemplation oder Meditation.

Das Ganze ist ein Prozess, der Zeit braucht. Es adaptiert sich immer mal wieder eine kleine Erkenntnis bei irgendwelche Erfahrungen und so sammelt man immer wieder "kleine Lichtblicke", auch im ganz normalen Alltagsgeschehen. Auf diesem Wege füllt sich das innere Erleben mit Erfahrungen und Erkenntnissen, die beim nächsten Mal schon ein größeres Verständnis beim Lesen der Texte der Großen Meister hervorbringen. In unserem Inneren wachsen dann weitere Möglichkeiten heran, "seinen Horizont" immer weiter und weiter zu öffnen. Neugier und Offenheit für alles, Unvorstellbares und nie Erlebtes werden uns immer tiefer in unser SEIN führen und uns immer mehr spüren lassen, WAS wir sind, und wer wir NICHT sind. Stelle dich auf das größte Abenteuer Deines Lebens ein, und heiße das Undenkbare willkommen.

 Öffne dich für das Göttliche SEIN. Es heißt dich schon immer willkommen.





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Bild von Geraint Rowland:" Father an Son" (Shadowcast)



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