Freitag, 11. Februar 2011

Gefundenes Glück




Nebelschwaden liegen über dem Fluß.

Die untergehende Sonne malt blutrote Felder in die letzten wenigen Wolken, die zusammen mit der Sonne langsam am Horizont verschwinden. Die Dunkelheit breitet sich nur langsam aus, so dass ich meinen Spaziergang entlang des Ufers noch ausdehnen kann. Das Bild des Sonnenuntergangs zaubert in mir eine Stimmung von Schönheit und Frieden, gepaart mit einem Hauch von Sehnsucht nach der Unendlichkeit.

Schon als Kind träumte ich oft davon, unendlich, unsterblich zu sein. Damals wollte ich immerzu mit der Sonne und den Wolken umherziehen und mich in ihnen auflösen. Mit ihrer Schönheit wollte ich verschmelzen und eins werden mit Gott. Meine Sehnsüchte von damals sind bis heute sehr lebendig geblieben.

Wenn der Alltag mich loslässt und ich ihn auch loslassen kann, löse ich mich auch ein Stück von mir selbst. Das Festhalten-müssen an den Pflichten unseres Lebens erfordert einen hohen Kraftaufwand. Wie sehr wir an unseren Alltag gefesselt sind, merken wir dann, wenn wir – nach und nach – langsam beginnen, uns zu befreien.  Diese Freiheit hat den Geschmack von Schönheit, den Geruch von Unendlichkeit und fühlt sich an, wie der lang ersehnte Geliebte, auf den wir unser ganzen Leben gewartet haben.

Während ich weiter gehe, begegne ich anderen Menschen. Spaziergängern, Sportlern, Radlern. Manche lächle ich an, manche lächeln zurück. Ich grüße, ein Gegengruß; vermeintliche Fremdheit - aber in Wirklichkeit sind sie meine Freunde auf meinem Weg durch das Erdendasein.

Es wird dunkler.

Ich liebe diese Tageszeit, in der die Umrisse der Umgebung immer schemenhafter werden. Es ist wie in meiner Traumzeit in meiner Kindheit, in der ich oft dachte: „ Ach, könnte ich doch nur einfach ALLES sein!“ Dieser kleine Mensch von damals sprach ein großes Wort, ohne eine Ahnung davon zu haben, wie viel Wahrheit schon darin steckte.

Ich mache mich nun langsam auf den Rückweg.

Trotz der Dunkelheit, die nur von wenigen vereinzelten Laternen erhellt wird, fühle ich mich geborgen. Nun begegnen mir kaum noch anderen Menschen  Diese Zeit ist meine Zeit. Allein in der Natur, Geräusche von fern hallen nur schwach zu mir herüber. Meine Sinne sind wach und ich genieße diese wunderbare Abendstimmung.
Nun stehe ich still und schaue auf die entfernten Lichter der Stadt. Mein Herz ist so weit vor Glück, dass ich für immer hier bleiben möchte und mich einfach auflösen – in der Luft, in der Dunkelheit, in den Wolken…

Ich verharre noch einen Moment, angefüllt mit Glück, mit Sehnsucht, die Lungen voll mit herrlicher, frischer Luft und dann mache ich mich langsam wieder auf meinen Weg.

Die Lichter werden heller und zahlreicher. Der Lärm der Stadt drängt sich wieder in mein Bewusstsein. Ich stapfe, etwas schwer atmend, die Brücke hinauf, die von der einen auf die andere Seite des Flusses führt.
Wohlan, morgen ist ein neuer Tag; füllen wir ihn mit körperlicher und geistiger Anwesenheit.

Mein Glück habe ich hier gefunden.


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bild von gleitschirmtaxi: Abenddämmerung